Die Geschichte des Jerstedter Baches und seiner Brücken.

Helga Bolm, Carla von Hardenberg und Manfred Ahrens

Der Jerstedter Dorfbach hat längst nicht mehr die Bedeutung, die er vom Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts hatte, doch seine Faszination mit all seinen Brücken und Furten hat er als Wahrzeichen von Jerstedt bis heute behalten.
Da es in Jerstedt nur drei Brunnen gab, wurde das Wasser des Baches bis zum Bau der Wasserleitung im 19. Jahrhundert zum Kochen und sogar als Trinkwasser genutzt. Das führte dazu, dass in Jerstedt immer mal wieder eine Typhusepidemie ausbrach. Die Wege zum Bach waren meist sehr lang und beschwerlich, was dazu führte,dass man sich gleich größere Mengen Wasser holte, welches natürlich nach einigen Tagen verdarb. Damals wusste man tragischerweise noch nicht, dass die Krankheiten vom verdorbenen Wasser herrührten. Als Jerstedt dann im Jahre 1894 die erste Wasserleitung im Lankreis bekam und der Ort mit sauberem Trinkwasser vom Hohen Bruch versorgt wurde, gehörte dieses Leid der Vergangenheit an.
Weiterhin diente der Bach als Trinkwasserversorgung der Tiere in der Landwirtschaft und als Abfluss für anfallendes Regenwasser. Bis in die 1960er Jahre bezog die Feuerwehr Jerstedt ihr Löschwasser aus dem Feuerteich vor dem Grundstück von Hermann Ahrens, Haus 136 (heute Am Oberen Dorfbach 1). Bis zum Bau der Kläranlage West, haben Kinder noch im Bach gebadet, im Winter konnte man auf dem Feuerteich Schlittschuhlaufen.
In den verschiedenen Generationen hat der Bach immer mal wieder unterschiedliche Namen erhalten, von „Jerstedter Bach“ über einfach nur „Bach“ oder „Beeke“ (Abfluss), bis hin zum „Schweinebach“, war alles dabei. „Schweinebach“ war dabei die bisher abwertenste Variante, sie stammt aus den 1970er Jahren, als die Schüler um Frau Müller-Using aus dem Schweineplatz gleich den Schweinebach machten. „So entstehen Legenden“, sagt Helga Bolm, „es gibt ja auch nicht die „Sieben Eichen“, sondern nur „die Eichen“, bei denen das Osterfeuer abgebrannt wird“. Auch hier fand die geschichtliche Bezeichnung bei den schon genannten Schülern nicht den rechten Anklang und man nannte den Platz am Osterfeuer einfach um.

Der Schweineplatz
Alte Bezeichnung: Viehtränke am Mohl (Flurname)

Der Jerstedter Bach entspringt am westlichen Ortsrand von Hahndorf nahe des Paterhofes, um sich dann mit der Mönneckenpisse, die von Grauhof her fließt, und dem Ohlbach vom Kloster Riechenberg her, am Schweineplatz zu vereinen. Bis zum Juli 1998 diente der Jerstedter Bach der Kläranlage Goslar West als Vorfluter, was den Bach stark verunreinigte. Heute wird nur noch Mischwasser von der Kläranlage in den Bach geleitet.
Der Ohlbach liefert den größten Teil des Bachwassers, aus diesem Grunde wurde im Jahre 2011 ein Regenrückhaltebecken nahe dem Gut Riechenberg errichtet, um die Überschwemmungen im Ort, die bei Unwettern immer wieder entstanden, einzudämmen. Tatsächlich ist der Bach 2014, als in ganz Deutschland Bäche und Flüsse Überflutungen verursachten, nicht über die Ufer getreten.
Der Schweineplatz lässt sich vom Feldweg zur Bundesstraße 6 nur als Furt durchqueren, der Weg ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Früher trieb man seine Schweine in den Hutewald (Ableitung von hüten), um sie dort weiden zu lassen, die Tiere mussten dazu den Bach durchqueren um dorthin zu gelangen. An dieser Stelle war der Austrieb der Schweine sehr häufig, darum erhielt die Furt den Namen Schweineplatz.
Vom Schweineplatz bis zur Wassermühle hieß der Bach bis zum Betriebsende der Mühle Mühlenbach, die amtliche Bezeichnung ist seitdem Jerstedter Bach. Im weiteren Verlauf fließt der Bach weiter nach Westen durch Jerstedt und mündet südlich von Palandsmühle in die Innerste.

Steganlage Dorfbach

Der Holzsteg, der zum sogenannten „Minipark“ am ehemaligen Feuerteich führt, soll aus Kostengründen nicht mehr saniert werden, er ist daher schon seit einiger Zeit gesperrt. Weite Teile der Parkanlage sind inzwischen zurück gebaut, dabei könnte die kleine Parkanlage mit ihren Bänken ein wunderbarer Treffpunkt für Alt und Jung sein. Die Krönung wäre ein Verbindungsweg von hier zum Graseweg, der aber in der Entstehungsphase schon nicht verwirklicht werden konnte, da sich der Landwird des angrenzenden Ackers weigerte, Land für diesen Zweck abzugeben.

Jerstedts Brücken


Die Ahrens-, Muhs- und Hermanns-Brücke (Wassermühlenbrücke) wurde zum besseren Verständnis nach den Anwohnern benannt, auf deren Grundstücke diese Brücken führen.
Viele Brücken in Goslar haben einen Namen nach dem jeweiligen Anwohner oder nach der Straße (wenn die jeweilige Brücke im Zuge dieser Straße liegt), und einige Brücken haben zusätzlich auch noch einen „historischen Namen“ – siehe hierzu am Beispiel der Wassermühlenbrücke. Einige größere Brücken wurden danach benannt, wo die Wegführung endet, dies wird deutlich an der Bolm- und Wellner-Brücke deren Namensgeber am Ende der jeweiligen Sackgasse ihre Höfe haben. Die Schreibweise ist unterschiedlich, amtlich werden die Bezeichnungen zusammengeschrieben z.B. Ahrensbrücke, aber auch die Schreibweise mit Bindestrich, z.B. Muhs-Brücke, ist üblich.


Ahrensbrücke

Die Brücke zum Grundstück Am Oberen Dorfbach 1 (Jerstedter Insel, Haus 136) trägt den Namen des ersten Besitzers und Erbauers des Hauses Hermann Ahrens, genannt „Insel-Ahrens“. Die Insel ist heute in vierter Generation im Besitz von Corinna Ahrens.

Muhsbrücke

Wie die Ahrensbrücke trägt auch diese Brücke den Namen des derzeitigen Anliegers, es ist die Familie Muhs/Todzi, Am Oberen Dorfbach 2. Wer die Brücke ursprünglich gebaut hat, ließ sich nicht mehr ermitteln.

Wassermühlenbrücke
(amtliche Bez.:Hermannsbrücke)

Bis in die 1940er Jahre gab es in Jerstedt zwei Mühlen, die Windmühle an Bahr’s Haus (heute Rodermund, Windmühlenweg 26) und die Wassermühle Am Oberen Dorfbach 3. Die Wassermühle wird erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt und ist heute im Besitz der Familie Hermanns. Das Wasser für die Mühle wurde vom Dorfbach bezogen, der direkt am Haus vorbei führt. Ab dem Grundstück Am Oberen Dorfbach 1 trennte sich der Bach, sodass die Häuser wie eine Insel vom Wasser umgeben waren. Das führte dazu, dass der Volksmund diesen Teil des Baches „Insel“ nannten, damals auch „Deuwelsinsel“. Es wurde kein Mehl hergestellt, das Korn wurde ausschließlich zu Schrot für das Vieh gemahlen. Die Wassermühle wurde 1932 stillgelegt, um dann nur noch mit einer elektrisch betriebenen Steinmühle zu arbeiten. Der Graben hinter dem Haus wurde wieder mit Erde verfüllt und der Bach verlief nun wieder, ohne sich zu teilen, vor dem Grundstück vorbei. Wann die Brücke selbst genau gebaut wurde, ist nicht bekannt, aber auch in den Jahren um 1890 wird angenommen.

Bolmbrücke

Wenn man über diese Brücke fährt, gelangt man auf den Hof von Landwirt Ernst Bolm jun. , früher führte der Weg noch am Gemeindehaus vorbei, das inzwischen abgerissen ist. Gebaut wurde sie zusammen mit der Wellnerbrücke in den Jahren von 1890 bis 1893. 2008 wurden beide Brücken erneuert, wobei zunächst einmal nur noch eine Brücke geplant war. Jedoch wurde davon bald wieder Abstand genommen, weil die Höfe möglichst schnell für die Feuerwehr erreichbar sein sollten. Ebenso wären die Landwirte mit ihren großen Maschinen nicht mehr zu ihren Höfen gekommen. Die Baukosten für beide Brücken beliefen sich auf über 245000 Euro.
Böhme-Furt

Von der Bolmbrücke bietet sich in südlicher Richtung dieser idyllische Ausblick auf Bolm’s Hof. Im Vordergrund deutlich zu sehen, die Böhme-Furt, die in regenreichen Zeiten regelmäßig den kleinen Fußweg entlang des Baches überflutet. Die Furt war früher der einzige Weg für Hubertus Böhme, um zu seinem Hof zu gelangen.
Wellnerbrücke

Diese Brücke trägt den Namen des Landwirtes, der am Ende dieser Sackgasse seinen Hof hat, Henning Wellner, Am Oberen Dorfbach 11 . Die Geschichte siehe Bolmbrücke.

Große Brücke (amtliche Bezeichnung: Frickebrücke)

Hier war früher der Mittelpunkt des Ortes, der damalige Sing- und Spielkreis trug 1954 zusammen mit der Landjugend beim Bändertanz eine unvergessene Feier auf der Brücke aus, des Weiteren kamen Schausteller hierher und bauten ihre Schießbuden und kleine Karussells auf.
Damals gab es die B6-Überführung noch nicht, sodass diese Brücke die größte im Ort war. Gebaut wurde sie 1890, 1963 erneuert, dabei wurden 18m der alten Brücke abgerissen. Die neue Große Brücke wurde mit einem Kostenaufwand von 200000,00 DM 17m breit gebaut. Die amtliche Bezeichnung ist heute Frickebrücke, dem Hof von Landwirt Fricke der nördlich der Brücke liegt, geschuldet.

Fußgängerbrücke St.Lukas

Benannt ist diese kleine Brücke nach der Jerstedter Kirche, die nur einige Meter entfernt ist. Sie verbindet die Straße Am Unteren Dorfbach mit der Langelsheimer Straße. Zwischen dieser Brücke und der Großen Brücke führt noch die Furt an der Wasserträgerin in den Bach.
Drei-Herren-Brücke

Dieser kleine Holzsteg erinnert an den Gemeindevorsteher (Bürgermeister) Julius Achilles *1832 (Hof 25, heute Dombrowski, Langelsheimer Str. 21) , der schon vor 1876 den Bach ab Düerkop mit hohen Seitenmauern einfassen ließ, um Hochwasser von den umliegenden Höfen fernzuhalten. Da dieses Bauvorhaben sehr hohe

Kosten verursachte, handelte sich Achilles zu seiner Zeit große Kritik dafür ein. Heute weiß man, wie zukunftsweisend der damalige Bürgermeister gehandelt hat und Jerstedt vor folgenreichen Überflutungen bewahrt hat. 1890 – 1893 wurden noch weitere Teile des Baches durch Sandsteinmauern befestigt.
Die Überlieferungen von Robert Fricke sen., dem Vater von Helga Bolm, nennen auch die beiden anderen Herren, die an der Namensgebung beteiligt waren, die da waren Julius Steckhan *1846 und August Fricke *1843, jedoch ist über sie nichts näheres bekannt.
Die Brücke, die 1890 aus Stahlbeton errichtet wurde, ist 2013 durch eine Holzbrücke ersetzt worden. Da sich in unmittelbarer Nähe die Große Brücke und die Brücke Hohe Warte befindet, wurde die Dreiherrenbrücke nur als Fußgängerbrücke ausgelegt, um eine Verbindung von der Straße Am Unteren Dorfbach direkt zum Kindergarten und zur Langelsheimer Straße zu ermöglichen.
m.a.

Bossebrücke

Ende der 1929er Jahre wurde die Brücke zum Niedersachsenkrug von Heinrich Bosse, dem damaligen Besitzer der Gastwirtschaft, in Eigenleistung gebaut. Damit war den Gästen die Möglichkeit gegeben, die Gaststube direkt von der Straße Am Unteren Dorfbach ohne den Umweg über die Brücke Hohe Wartezu erreichen.

Brücke Hohe Warte

Gebaut 1890-1893 und 1993 erneuert, bildet diese Brücke eine Verbindung der Felder nördlich Jerstedts gelegen zu den Landwirten auf der südlichen Seite. Neben der Großen Brücke ist sie eine der wichtigsten Brücken über den Dorfbach.

Brücke An der Wallwiese

Die letzte Brücke, die für den öffenlichen Verkehr freigegeben ist, zeigt einen idyllischen Ausblick auf Pferdekoppeln und die nahe gelegenen Harzberge. Sie ist um 1890 gebaut und 2009 erneuert worden, um den Bauern den Weg zu ihren Feldern im Westen Jerstedts zu erleichtern. Heute wird sie auch gern von Radfahrern und Spaziergängern genutzt.

Übersicht aller hier aufgeführten Brücken

Die Brücke der Bundesstraße 6 wird in einem eigenen Beitrag behandelt.

Quellennachweis:
Amtliche Bezeichnungen:
Carla von Hardenberg

Stadt Goslar – Der Oberbürgermeister
Fachbereich 3 | Fachdienst Tiefbau | Charley-Jacob-Straße 3 | 38640 Goslar
E-Mail: carla.vonhardenberg(at)goslar.de
Inhalt:
Helga Bolm
Robert Fricke sen. (Überlieferungen)
Manfred Ahrens
Auszugsweise Jerstedter Chronik Band I-V
Veranwortlich für den Inhalt: Manfred Ahrens info(at)Jerstedt.com

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert