Die Jerstedter Geschichte

Die Jerstedter Geschichte von 1939 – 2011

Wasserträgerin

Jerstedt war bis 1964 ein kleiner Ort mit ca. 1300 Einwohnern. Es drehte sich damals schon alles um Goslar, der Kaiserstadt am Nordharz, was sich bis heute nicht geändert hat. Nur Jerstedt hat sich zu einem Ort mit einer guten Infrastruktur gemausert. Die Weichen dafür wurden noch zur Zeit der Eigenständigkeit der Gemeinde Jerstedt gestellt. Es liegen mehrere Bebauungspläne für verschiedene Bebauungsgebiete vor. Im Jahre 1950 begann man Pläne für ein Gewerbegebiet zu erstellen. Inzwischen gibt es die Gebiete Jerstedt Ost I (1962), Ost II (1963-66), Ost III (1973) und Ost IV (1996). Flächennutzungspläne liegen für Wohn- und Gewerbegebiete vor.

Die Einwohnerzahl ist im Verlauf der Zeit ständig gestiegen und es ist sehr lebhaft hier geworden. Am 1.April 1939 zählte Jerstedt noch 860 Einwohner, was sich jedoch schon am 1.November 1946 durch die Eingliederung von Flüchtlingen auf 1526 Einwohner ändern sollte. Am 1.Januar 1966 zählte Jerstedt 1326 Einwohner. Zu dieser Zeit verzeichneten wir eine Ansiedlung von mehreren gewerblichen Betrieben. 1972 lebten bereits 1826 Einwohner im Dorf und 1991 waren es 1853 Menschen. Zum 31.12.2001 stieg die Zahl der Bewohner noch auf 2127. Konnten wir bis zum Jahr 2004 einen weiteren Anstieg auf 2202 Einwohner verzeichnen, ist der bundesweite Trend zum Minuswachstum der Bevölkerung auch bei uns angekommen. Schon 2011 sank die Zahl wieder auf 2017 und heute zählt unser Dorf um die 2000 Einwohner, davon sind 101 Nebenwohnsitze (Amtlicher Stand vom 03.09.2013 laut Einwohnermeldeamt Goslar).


Bereits seit 1894 verfügt Jerstedt über eine zentrale Wasserleitung, die 1959/60 erneuert worden ist. In den Jahren 1962 bis 1965 wurde die Vollkanalisation geschaffen. Durch das 1970 fertiggestellte Brückenbauwerk im Zuge der B 6 wurde Jerstedt in ein Ober- und ein Unterdorf „gespalten“. 
In 2008 wurde der 1. Bauabschnitt für die Anbindung des Gewerbegebietes an die B 6 fertig gestellt, die den Ortskern vom Schwerlastverkehr befreien sollte. Die Straße wird inzwischen aus Richtung Salzgitter gut angenommen, da sie auch die Zufahrt für den Wiglo-Markt bildet.


Am 01.07.1972 wurde die Gemeinde Jerstedt im Rahmen der Verwaltungs- und Gebietsreform in die Stadt Goslar eingegliedert. Die Schaffung eines Ortsrates wurde bei der Eingliederung nicht vorgesehen. Die Interessen der Jerstedter Bürger und Bürgerinnen werden durch Ratsherren aus dem Ort im Rat der Stadt Goslar vertreten.Trotz der verwaltungsmäßigen Eingliederung haben die Institutionen, Organisationen und Vereine des Ortes ihre Eigenständigkeit behalten und pflegen ihr eigenes Vereinsleben. Die örtliche Gemeinschaft drückt sich u.a. dadurch aus, dass regelmäßig ein Schützenfest und seit 2022 das Hoffest auf Stechers Bauernhof unter Beteiligung fast aller Einwohner gefeiert wird. Besonders hervorzuheben ist, dass am 19.03.2003 eine Stadtteilgemeinschaft als e.V. gegründet werden konnte. Alle Jerstedter Vereine und Verbände sind Mitglied. Zweck dieser Gemeinschaft ist es , als Sprachrohr gegenüber der Stadt Goslar zu fungieren.
Jerstedt verfügt über eine Gemarkung von rund 1.000 Hektar, von denen ca. 800 Hektar landwirtschaftlich genutzt werden. 100 Hektar sind Waldgebiet und 100 Hektar sind Wohn- und Gewerbegebiet. Die landwirtschaftliche Fläche wird von neun Haupterwerbsbetrieben genutzt. Die Betriebe liegen allesamt im alten Ortskern. Während sich südlich der Hahndorfer Straße das Wohnbaugebiet befindet, erstreckt sich nördlich davon das Gewerbegebiet. Hier siedelten sich bisher über 20 Gewerbebetriebe an, die inzwischen einige hundert Arbeitsplätze bereitstellen.
Eine Zweigstelle der Sparkasse, die allerdings nur noch Geldautomaten bereit stellt, eine Arztpraxis, der Wiglo-Markt, ein Bäcker und eine Großbäckerei, ein Friseur, ein Hotelbetrieb und ein Hofladen, die Grundschule und der Kindergarten bilden nach wie vor eine ausreichende Grundversorgung für die Einwohner Jerstedts. Ein Shopping-Center mit vielfachen Einkaufsmöglichkeiten befindet sich im Norden Jerstedts, etwa zwei Kilometer vom Ort entfernt. Solche externen Einkaufszentren birgen aber auch das Risiko, Geschäfte im Ort in die Knie zu zwingen. So musste der Getränkemarkt und der Dorfladen eben aus diesem Grund schon längst seine Pforten schließen. Auch der Niedersachsenkrug musste dem geänderten Kommunikationsverhalten der Jerstedter Bürger Tribut zollen und schon in 2014 endgültig sein Aus erklären. Ob in Jerstedt nun endgültig die Lichter ausgehen, hängt wohl auch sehr stark von der Einwohnerentwicklung ab.
Das Gemeinschafts- und Veranstaltungszentrum Mehrzweckhalle bildet auch nach mehr als dreißig Jahren noch den sozialen Mittelpunkt des Dorfes. Während vormittags die Halle durch den Schulsport belegt ist, wird diese nachmittags und abends durch sportliche Aktivitäten von Vereinsmitgliedern aus den Bereichen Tischtennis, Turnen, Prellball, Volleyball, Hallenfussball und vor allen Dingen von sechs Gymnastikgruppen von Kindern bis hin zu Senioren und einem Altenkreis, sowie den Dart-Spielern regelmäßig genutzt. Durch Familienfeiern, Tanzveranstaltungen, Basare etc. sind auch an Wochenenden die Kapazitäten der Halle nahezu vollständig ausgeschöpft. Darüber hinaus bietet auch das Gemeindehaus der Kirchengemeinde ein umfassendes Angebot an Initiativen: Die Mutter-Kind-Gruppen, der Bastelkreis, der Besuchsdienstkreis, der Bibelkreis, die Frauenhilfe und der Kindergottesdienstkreis finden hier eine Heimat. Somit ist ein großes Angebot an Betätigungsfeldern für Jedermann gegeben.


Durch Schaffung des Dorferneuerungsplanes wurde 1985 der Arbeitkreis Dorferneuerung von den Einwohnern mit der Maßgabe gewählt, die Maßnahmen aus dem Plan zu begleiten und die Interessen der Bürger zu vertreten. Nach Beendigung der Maßnahmen im Jahr 1994 ging der Arbeitskreis Dorferneuerung unmittelbar in den Arbeitskreis Dorfverschönerung über. Dieser hat sich nach 20 Jahren aufgelöst. Während die Verschönerungsmaßnahmen für den alten Ortsteil vorwiegend „erhalten“ und „pflegen“ bedeuteten, konzentrierte sich die Arbeit vermehrt auch auf die Verschönerung des Neubaugebietes Ost IV und die Integration der Neubürger in die Dorfgemeinschaft. So erfolgte u.a. bei allen Neubürgern von einigen „Alt-Jerstedtern“ ein Hausbesuch, um sie mit einem symbolischen Gastgeschenk (Hufeisen) willkommen zu heißen.
Der Blumenschmuck entlang des Dorfbaches ist inzwischen über die Grenzen Jerstedts hinaus, nicht zuletzt durch regelmäßige Berichterstattung in der Goslarschen Zeitung, den Menschen ein Begriff. Das lebensgroße Kunstwerk der „Wasserträgerin“ ziert die Furt über den Dorfbach im Zentrum des alten Dorfes. Die beiden Begrüßungstafeln an den Ortseingängen Langelsheimer Straße und Hahndorfer Straße sind nicht nur Ausdruck der Aufgeschlossenheit gegenüber Besuchern und Gästen, sondern weisen auch noch auf das im alten Dorf vorhandene traditionelle Fachwerk mit roter Ziegeleindeckung hin. Auch an der Aktion „,Entente Florale 2005 – Eine Stadt blüht auf“, hat sich Jerstedt aktiv beteiligt und insgesamt 16.500 Krokusse gepflanzt, die dem Ort im Frühjahr ein Blumenmeer beschert haben.
Damit sich Besucher und Gäste leichter orientieren können, weisen zwei Ortspläne unmittelbar an den Bushaltestellen den richtigen Weg.
Das markante Jerstedter Wappen (stilisierte Tanne auf rotem Grund) ist im Ortsbild mehrfach auf öffentlichen Flächen zu sehen. So ziert es u.a. im Neubaugebiet Ost IV den Einfahrtsbereich inmitten eines mit Blumen, Sträuchern und Bäumen bepflanzten Verkehrskreisels. Südlich davon wurde eine auf der Basis eines Findlings konstruierte Sonnenuhr ebenfalls in einen Verkehrskreisel integriert.
Es hat sich herausgestellt, dass durch das Engagement des Arbeitskreises Dorfverschönerung vieles zum Wohle des Stadtteils geschaffen wurde und somit die Wohn- und Lebensqualität der Menschen im Ort gesteigert werden konnte. So wurden die Schaffung von Ruhebänken, Blumenkästen und die Bepflanzung von Grünflächen von Jung und Alt gleichermaßen begrüßt und angenommen. Viele Helferinnen und Helfer übernahmen freiwillig und ehrenamtlich Aufgaben im pflegerischen Bereich und trugen dazu bei, dass in unserem Ort das Alte bewahrt und Neues geschaffen wurde. Viele Aufgaben des Arbeitskreises Dorfverschönerung betreibt heute der Stadtteilverein Jerstedt.
1997 konnten wir 950 Jahre Jerstedt feiern. Wie aus alten Unterlagen hervorgeht hieß der Ort ursprünglich Gerstede, was schon auf den bäuerlichen Charakter hindeutet, ohne heute ein Kuhkaff zu sein.

Copyright und Autor: Manfred Ahrens

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